Art & Finance: Kunst als Anlageklasse

Art & Finance: Kunst als Anlageklasse

Art & Finance: Kunst als Anlageklasse 512 512 Giesinger Kunstgutachten

Kunstfinanzierungen

Für erfahrene Teilnehmer und Beobachter des Kunstmarktes sind Kunstfinanzierungen – also Darlehen gegen die Verpfändung von Kunstwerken als Kreditsicherheit – keine Neuheit. Vor allem in den USA bieten Großbanken wie die Citibank derartige Darlehen für ihre Wealth-Management Kunden schon seit über 40 Jahren an. Dieses Angebot konnten nur die vermögendsten Kunstsammler in Anspruch nehmen, bei denen Kunst einen Teil des Vermögens neben anderen Anlageklassen darstellt. In jüngerer Vergangenheit kamen nun immer mehr Anbieter auf den Markt, die Kunstfinanzierungen oder „art loans“ auf einer sogenannten „non-recourse“-Basis anbieten. Darunter versteht man, dass der Kreditgeber seine Kreditzusage alleine auf die verpfändeten Kunstwerke abstellt und keine Möglichkeit hat auf das sonstige Vermögen des Kunden zurückzugreifen. Fällt der Kreditnehmer aus, kann sich der Kreditgeber nur aus der Verwertung der Kunstwerke befriedigen. Dadurch vergrößert sich der Kreis derer, für die eine Kunstfinanzierung in Frage kommt, auf alle Eigentümer von wertvollen und liquiden Kunstwerken. Sofern der Kreditgeber die als Sicherheit angebotenen Kunstwerke als ausreichend werthaltig akzeptiert, spielen die sonstigen Vermögensverhältnisse des Kunden keine Rolle. An dieser Stelle kommt dem Kunstsachverständigen eine zentrale Rolle zu, der die als Sicherheit gestellten Kunstwerke hinsichtlich ihres Marktwertes und den Verwertungsmöglichkeiten begutachtet. In der Regel werden zur Bewertung der verpfändeten Kunstwerke externe Kunstsachverständige beauftragt, die einen unabhängigen und objektiven Blick von außen haben. Vom festgestellten Marktwert der Kunstwerke zahlen die Kreditgeber dann einen bestimmten Prozentsatz aus, üblich sind hier 40-60%.

Christie’s und Sotheby’s

Große Anbieter solcher Kunstfinanzierungen sind die führenden Auktionshäuser Christie’s und Sotheby’s. Sotheby’s unterhält seine Finanzdienstleistungssparte, Sotheby’s Financial Services bereits seit 1988. Sotheby’s Financial Services bietet zwei Arten von Darlehen an. Zum einen Finanzierungen gegen Kunstwerke und Sammlungen, die durch regelmäßige Zinszahlungen bedient und endfällig getilgt werden. Zum anderen Auktionsvorschüsse. Dabei gibt das Auktionshaus einen Vorschuss auf ein oder mehrere Kunstwerke, die in einer kommenden Auktion verkauft werden sollen. Mit dem Erlös aus dem Verkauf wird zuerst das Darlehen getilgt, bevor ein eventueller Überschuss an den Kunden ausgezahlt wird. In der Regel zahlt Sotheby´s Financial Services 50% des festgestellten Marktwertes aus, wobei sich die ausgezahlten Kreditsummen im Bereich von 1-200 Mio. US-Dollar bewegen. Daran erkennt man, dass nur sehr wertvolle Kunstwerke überhaupt geeignet sind.

In der Kunstwelt sieht man derartige Transaktionen mitunter kritisch, da sie Kunstgegenstände zu Anlageobjekten „reduzieren“ und der Vereinnahmung durch die Finanzbranche Vorschub leisten. Kunstwerke werden zur Kreditsicherheit und rein vom monetären Standpunkt aus beurteilt. Dem wird regelmäßig entgegengehalten, durch Kunstfinanzierungen werde dem notorisch illiquiden Kunstmarkt Liquidität zugeführt, die schlussendlich wieder in dem Kreislauf des Marktes kommt. Davon profitieren alle Markteilnehmer und nicht nur die großen Player, die den Großteil des globalen Umsatzes auf dem Kunstmarkt unter sich aufteilen. Der Kreis derer, die sich mit dem Kunstmarkt und in der Konsequenz mit den Künstlern und ihren Werken beschäftigen, wächst auch jenseits der klassischen Sammlerschichten in neue Bereiche hinein.

Sotheby’s bringt neues Wertpapier auf den Markt

Sotheby’s Financial Services geht nun noch einen Schritt weiter. Im April kündigte das Auktionshaus die Bündelung und Verbriefung von mehreren Kunstdarlehen an, die als Wertpapier auf dem Finanzmarkt angeboten werden. Das Auktionshaus erhofft sich dadurch Finanzmittel in Höhe von 700 Mio. US-Dollar zu besorgen, die wiederum als Kapital für die Herausgabe weiterer Kunstkredite zur Verfügung stehen. Als Sicherheiten für das Wertpapier „Sotheby’s ArtFi Master Trust, Series 2024-1 Asset-Backed Notes“ dienen nicht Kunstwerke, sondern Forderungen aus Kunstkrediten, die wiederum mit Kunstwerken besichert sind. Die Vorteile für das Auktionshaus liegen auf der Hand: während die Forderungen aus diesen Kunstkrediten sonst erst über einen längeren Zeitraum zurückfließen, bietet das Auflegen des Wertpapiers einen sofortigen Kapitalzufluss. Zeichnungsberechtigt sollen nur große institutionelle Investoren sein. Das Verhältnis dieser Investoren zu den zugrundeliegenden Kunstwerken wird deutlich abstrakter sein als es bei den direkten Finanzgebern von Kunstdarlehen der Fall ist. Während letztere sich mit den Kunstwerken, die als Kreditsicherheit dienen, beschäftigen müssen, erfahren die Großinvestoren von Sotheby’s nur allgemeine Informationen über den zugrundeliegenden Pool an Darlehen. So soll es sich um 89 Darlehen handeln, die insgesamt mir über 2.800 Kunstwerken besichert sind. Den größten Anteil am Darlehenspool sollen wertmäßig Werke von Rembrandt, Andy Warhol, Pablo Picasso, Jean-Michel Basquiat und Frida Kahlo darstellen.

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